Abschleppen eines fremden Fahrzeugs von einem Privatparkplatz

Wilfried Pecka, 12.04.2018

Eine Mieterin eines Privatparkplatzes stellte eines Tages fest, dass ein fremdes Auto auf ihrem Platz stand. Der Privatparkplatz war deutlich als solcher gekennzeichnet, und es war auch ein Hinweisschild angebracht, dass widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge kostenpflichtig entfernt werden. Ein Bekannter der Mieterin wäre berechtigt gewesen, diesen Platz zu benützen. Er hätte ihn auch dringend benötigt, aber leider stand das unbekannte Fahrzeug darauf. 

Zuerst wurde ein Zettel mit dem Ersuchen, sich zu melden, auf dem Fahrzeug angebracht. Es meldete sich aber niemand. Danach wurde die Polizei verständigt. Diese erklärte aber, dass sie für einen Privatparkplatz nicht zuständig sei. Danach fragte man in der Nachbarschaft, ob jemand weiß, wem dieses Auto gehört. Nachdem auch das nichts nützte, wurde ein Abschleppunternehmen beauftragt, das unbekannte Auto wegzuschaffen. Danach wurde die Besitzerin des abgeschleppten Fahrzeugs über die Zulassungsevidenz ausgeforscht und mit Kostenforderungen konfrontiert. Die Schreiben wurden aber mit dem Vermerk "verzogen" retourniert. Danach ergab eine Auskunft aus dem Zentralen Melderegister, dass die Besitzerin des Autos keinen aktuellen Wohnsitz hatte. Sie war verschwunden bzw. "untergetaucht".

Trotzdem wurde die (verschwundene) Autobesitzerin geklagt, welche dabei durch einen Zustellkurator vertreten war. Das Erstgericht wies die Klage ab: Selbsthilfe (nämlich Abschleppen) sei nur in Ausnahmefällen erlaubt, wenn staatliche Hilfe zur Verfügung gestanden wäre. Diese hätte man in Form eines Besitzstörungsverfahrens und einer einstweiligen Vorkehrung in Anspruch nehmen können. Das Berufungsgericht schloss sich dieser Ansicht an.

Der OGH stellte dazu folgende Überlegungen an: Grundsätzlich muss zum Schutz und zur Durchsetzung von Rechten behördliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Selbsthilfe wäre nur in engen Grenzen zulässig. Sie wäre etwa dann rechtmäßig, wenn behördliche Hilfe zu spät käme oder die Behörde nicht erreichbar wäre. Selbst dann aber müsste die Selbsthilfe einer Interessenabwägung standhalten. Die bloße lange Verfahrensdauer eines Besitzstörungsverfahrens berechtigt aber keinesfalls zur Selbsthilfe. "Im Regelfall stellt das private Abschleppen von Fahrzeugen daher keine erlaubte Selbsthilfe dar".

"Stets ist danach zu beachten, dass vor dem Abschleppen zunächst zumutbare Erkundigungen nach der Person des Lenkers anzustellen sind, wobei diese Pflicht nicht überspannt werden darf". Der Lebensgefährte der Mieterin hinterließ zwar einen Zettel auf dem Auto und fragte bei anderen Personen nach, ob sie den Fahrzeugbesitzer kennen. Das stellt aber keine ausreichenden zumutbaren Erkundigungen dar: Die Mieterin des Parkplatzes hätte eine Auskunft aus der Zulassungsevidenz auf Grund des Kennzeichens einholen müssen, um der Besitzerin des dort abgestellten Fahrzeuges die Möglichkeit zu geben, das Fahrzeug selbst zu entfernen. Diese Auskunft wurde zwar eingeholt, aber erst nachdem das Auto bereits abgeschleppt wurde. Auch der Umstand, dass die Besitzerin des abgeschleppten Fahrzeuges verschwunden ist, kam erst zutage, nachdem das Auto bereits abgeschleppt war. Im Zeitpunkt der Abschleppung stellte diese daher keine angemessene und damit rechtmäßige Selbsthilfe dar, und es blieb bei der Abweisung der Klage der Parkplatzmieterin.

 © Wilfried Pecka