Einseitige Änderung von Flugzeiten

Wilfried Pecka, 31.08.2015

Ein großes österreichisches Flugunternehmen verwendete in seinen Buchungsbestätigungen regelmäßig die Formulierung "Änderungen der Transportzeiten bleiben ausdrücklich vorbehalten. Alle Angaben vorbehaltlich Änderungen". Dadurch kam es immer wieder zu Beschwerden von Fluggästen, die etwa für ihre Urlaubsreise einen komfortablen Tagesflug gebucht hatten, der dann später einseitig vom Flugunternehmen in einen weitaus unkomfortableren Nachtflug abgeändert wurde. Speziell Reisende mit Kindern litten unter dieser Praxis, weil Kinder einen gewohnten Tagesablauf benötigen. Gegen diese Praxis brachte der Verein für Konsumenteninformation Klage ein. 

Im Laufe des Gerichtsverfahren vor dem Handelsgericht Wien (57 Cg 39/14g) tauchte die Frage auf, ob Buchungsbestätigungen eines Flugunternehmens den Charakter von allgemeinen Geschäftsbedingungen haben können, und ob ein darauf gesetzter Änderungsvorbehalt überhaupt Vertragsinhalt werden kann. Das Gericht verneinte diese Frage. Der Beförderungsvertrag wurde ja schon vor dem Versenden der Buchungsbestätigung abgeschlossen, und für dessen genauen Inhalt kommen neben dem Reisewunsch des Fluggastes und dem Flugpreis auch die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Flugunternehmens zur Anwendung. Durch eine nach dem Vertragsabschluss übermittelte Buchungsbestätigung kann ein Beförderungsvertrag gar nicht mehr abgeändert werden, indem er nachträglich mit einem Änderungsvorbehalt versehen wird. Also sah man sich auch die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Flugunternehmens genauer an, in denen sich die folgende Vertragsklausel fand: "Die in Flugplänen angegebenen Zeiten können sich zwischen dem Datum der Publikation und dem Datum Ihrer Reise ändern. Wir können sie Ihnen daher nicht garantieren und sie stellen auch nicht einen Teil des Vertrages mit uns dar. Bevor wir Ihre Buchung akzeptieren, werden wir Sie über die vorgesehenen Flugzeiten informieren; diese sind auch auf Ihrem Ticket angegeben. Es ist möglich, dass wir die Flugzeiten in der Folge ändern müssen, sofern Sie uns Kontaktdaten zur Verfügung stellen, werden wir Sie über derartige Änderungen informieren.“

Gemäß § 6 Abs 2 Z 3 Konsumentenschutzgesetz (KSchG) muss eine Vertragsbestimmung, nach der "der Unternehmer eine von ihm zu erbringende Leistung einseitig ändern oder von ihr abweichen kann [...]" beim Vertragsabschluss im Einzelnen ausgehandelt werden. Davon ausgenommen wären nur geringfügige und sachlich gerechtfertigte Änderungen. "Im Einzelnen ausgehandelt" wären Vertragsbestimmungen allerdings nur dann, "wenn sie zwischen den Vertragspartnern im Hinblick auf ein konkretes Rechtsgeschäft individuellerörtert und nach Abwägung ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Folgen schließlich bewusst vereinbart worden ist", was durch die Verwendung von allgemeinen Geschäftsbedingungen (die sich Kunden sehr oft nicht so genau durchlesen) keineswegs der Fall war. Und auch der Änderungsvorbehalt war keinesfalls geringfügig: Durch diese Klausel behielt sich das Flugunternehmen das Recht vor, Flugzeiten völlig nach Belieben auch um viele Stunden nach vorne oder nach hinten zu verlegen. In dieser Uferlosigkeit erkannte das Gericht auch eine gröbliche Benachteiligung der Konsumenten. 

Somit wurde das Flugunternehmen vom Handelsgericht zwar aus formalen Gründen nicht dazu verurteilt, in seinen Buchungsbestätigungen die Formulierung "Änderungen der Transportzeiten bleiben ausdrücklich vorbehalten. Alle Angaben vorbehaltlich Änderungen" zu unterlassen, weil eine Buchungsbestätigung nicht den Kriterien von allgemeinen Geschäftsbedingungen entspricht (welche vorliegen müssten, um mit Verbandsklage des VKI dagegen vorgehen). Allerdings wurde es dazu verurteilt, in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen die Verwendung der Klausel „Die in Flugplänen angegebenen Zeiten können sich zwischen dem Datum der Publikation und dem Datum Ihrer Reise ändern. Wir können sie Ihnen daher nicht garantieren und sie stellen auch nicht einen Teil des Vertrages mit uns dar. Bevor wir Ihre Buchung akzeptieren, werden wir Sie über die vorgesehenen Flugzeiten informieren; diese sind auch auf Ihrem Ticket angegeben. Es ist möglich, dass wir die Flugzeiten in der Folge ändern müssen, sofern Sie uns Kontaktdaten zur Verfügung stellen, werden wir Sie über derartige Änderungen informieren“ zu unterlassen. Das Urteil ist rechtskräftig. 

 © Wilfried Pecka