Dringendes Bedürfnis am Heimweg - Arbeitsunfall?

Wilfried Pecka, 16.01.2017

Ein Polizeischullehrer fuhr nach Dienstende mit dem Auto nach Hause. Auf dem Weg nahm er ein dringendes Bedürfnis wahr. Daher hielt er bei einem Wald an, um in einem Gebüsch seine Notdurft zu verrichten. Dabei schlug ihm ein Ast ins Auge, und er erlitt eine bleibende Verletzung. Obwohl der Vorfall auf dem Heimweg vom Dienst passiert ist, und als Dienstunfälle auch Unfälle gelten, die sich auf einem mit dem Dienstverhältnis zusammenhängenden Weg zur oder von der Dienststätte ereignen, wertete ihn die gesetzliche Unfallversicherung nicht als Dienstunfall. 

Der OGH beschäftigte sich in 10 ObS 133/16f mit der Frage, ob eine Ausnahme vom Grundsatz vorliegen könnte, dass Essen und Trinken, der Einkauf von Lebensmitteln, Körperpflege, Schlafen sowie die Verrichtung der Notdurft grundsätzlich nicht unter dem Schutz der Unfallversicherung fallen. "Nur wenn betriebliche Einrichtungen bei der Entstehung des Unfalls wesentlich mitgewirkt hätten, also der Unfall wesentlich durch die Umstände an der Arbeitsstätte oder die Arbeitstätigkeit verursacht wurde – etwa weil sie unter erhöhtem Gefahrenrisiko selbst verursacht wurde und dieses Risiko tatsächlich zum Unfall geführt hat –, läge ein Arbeitsunfall vor", und "Der Versicherungsschutz entfällt aber auch dann nicht, wenn eine private eigenwirtschaftliche Tätigkeit nach ihrer Art und Dauer bei natürlicher Betrachtungsweise zu einer bloß – zeitlich und räumlich – geringfügigen Unterbrechung der versicherten Tätigkeit führt und noch ein innerer Zusammenhang zwischen dem Unfallgeschehen und der betrieblichen Tätigkeit besteht". Der Kläger versuchte zwar auszuführen, dass der innere Zusammenhang darin zu suchen sei, dass er seinem dringenden Bedürfnis auf Grund seiner dienstlichen Pflichten erst auf dem Heimweg nachkommen konnte. Das half ihm aber nichts, weil er sich damit von den Tatsachengrundlagen entfernte, nach denen bereits die Vorinstanzen gegen ihn entschieden hatten. Dass sich sein Bedürfnis noch während der Dienstzeit aufgestaut hatte, wurde nicht als anspruchsbegründend gewertet. Harnlassen unterbricht daher den Weg von und zur Arbeitsstätte und fällt nicht unter den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz. 

 © Wilfried Pecka