Whistleblowing: Die Tücke steckt im Detail

Wilfried Pecka, 24.06.2013

Mit dem Ausbau betriebsinterner Controlling-, Revisions- und Compliancemaßnahmen entstehen vor allem in größeren Unternehmen detaillierte unternehmensinterne Richtlinien und Verhaltenskodices. Dieser Trend kommt nicht von ungefähr: Weltweit ist unter dem Schatten der bisherigen Finanzkrisen ein Druck auf das Setzen von Maßnahmen entstanden, welche das Vertrauen in vor allem börsennotierte Unternehmen erhalten und fördern soll. So sieht zum Beispiel die (bisher noch nicht in Kraft getretene – der Zeitplan wurde verschoben) EU-Richtlinie Solvency II (2009/138/EG) für Versicherungsunternehmen neben Standards für das Risikomanagement, quantitativen Anforderungen zur Kapitalausstattung und umfangreichen Berichts- und Offenlegungspflichten auch erhöhte Anforderungen an die Governance vor. Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen werden dann über ein wirksames internes Kontrollsystem, angemessene Melderegeln auf allen Unternehmensebenen, und einer Compliance-Funktion der Überwachung der Einhaltung der Anforderungen verfügen. Die OECD hat schon vor geraumer Zeit gemeinsame Empfehlungen der Regierungen an multinationale Unternehmen erarbeitet, in denen es etwa um Transparenz, Einhaltung der Menschenrechte, Schutz der Umwelt, Bekämpfung von Bestechung und Korruption, und Fairness gegenüber Arbeitnehmern und Mitbewerbern geht. Aus diesen Leitsätzen wurden von vielen Unternehmen Compliance Codes und Codes of Conduct entwickelt. Erwartet man von ihnen mehr, als dass sie nur auf Hochglanzpapier gedruckt und Unternehmens-Internetseiten veröffentlicht werden, so muss man sie auch zum Leben erwecken. Dazu hat sich ein Begriff entwickelt, welcher aus dem Angloamerikanischen Raum kommt: Whistleblowing.

Kernelement eines betriebsinternen Whistleblowing ist eine Helpline, an die jeder einzelne Mitarbeiter ein von ihm beobachtetes Fehlverhalten einmelden kann (oder auch soll). An dieser Stelle setzt bereits eine ethische Grundsatzdiskussion ein: Ist Whistleblowing ein Rückschritt zum bösartigen Vernaderertum, oder spricht es loyale Mitarbeiter an, die sich an den Zielen des Unternehmens orientieren und durch ihre Einmeldungen den Grad des Vertuschens von unethischen, rechtswidrigen oder gar kriminellen Verhalten in ihren eigenen Reihen verringern? In welcher Beziehung stehen solche Systeme zu Arbeitnehmervertretern? Die auf Grundlage der Arbeitsverfassung gewählten Betriebsräte haben prinzipiell einen gesetzlichen Auftrag, Missstände im Unternehmen aufzuzeigen und sich um deren Behebung zu bemühen. Allerdings besteht zwischen Betriebsräten und Whistleblowern ein wesentlicher Unterschied: Betriebsräte sind mit einem umfassenden gesetzlichen Mandatsschutz ausgestattet, der es verhindert, gegen sie mit Repressalien vorzugehen. Wenn man etwa von der Informantenschutzregelung des § 9b Umweltinformationsgesetz absieht (welche externes Whistleblowing schützt), gibt es für Whistleblower so gut wie keinen gesetzlichen Schutz. Und neben der sozialen Facette (indem sie nämlich leicht in den Ruf eines Nestbeschmutzers und Denunzianten geraten können) haben Teilnehmer an solchen Systemen auch mit rechtlichen Nachteilen zu rechnen.

 Externes Whistleblowing

Beim „externen Whistleblowing“ geht es um die Aufdeckung von unternehmensinternen Missständen durch eine Meldung an Stellen außerhalb des Unternehmens (wie zum Beispiel der Datenschutzkommission, der Gleichbehandlungsanwaltschaft, dem Finanzamt oder gar der Staatsanwaltschaft). MitarbeiterInnen können dadurch mit ihren unternehmensinternen Verschwiegenheitsverpflichtungen in Konflikt geraten und riskieren sogar ihren Arbeitsplatz. Nach der Judikatur des OGH muss bei jeder Beurteilung der Grenzen von Verschwiegenheitspflichten eine Abwägung der Rechtsgüter vorgenommen werden. Ein strafbares Verhalten des Arbeitgebers kann aber keinesfalls mehr durch eine Verschwiegenheitspflicht gedeckt werden. Trotzdem lastet auf dem Arbeitnehmer noch immer ein enormes Risiko: Muss er zuerst einen Versuch unternehmen, das Verhalten seines Arbeitgebers mit gelinderen Mitteln abzuwenden, bevor er zur Anzeige schreitet? Genügt es, wenn der in der Regel nicht rechtskundige Arbeitnehmer nur selbst von der Rechtswidrigkeit des von ihm beobachteten Verhaltens überzeugt ist, oder muss er sich dazu vorher beraten lassen? Wer nimmt ihm das Risiko ab, sich zur späteren Abwägung der Rechtsgüter durch das Gericht zu verschätzen? Seinen Arbeitsplatz würde er durch die Entlassung sofort verlieren, und danach müsste er in völliger Unsicherheit über seine berufliche Existenz leben, bis die konkrete Situation rechtskräftig durch ein Gericht beurteilt wird. Aufsehen hat dazu eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschrechte (EGMR) erregt: Eine deutsche Altenpflegerin hatte gegen ihren Dienstgeber Strafanzeige wegen Betrugs an den Pflegebedürftigen erstattet, wonach sie sofort fristlos entlassen wurde (in Deutschland nennt man das „fristlose Kündigung“). Die innerstaatlichen Gerichte hielten die Entlassung für rechtmäßig, erst der EGMR entschied anders: Whistleblowing ist dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (Art. 10 EMRK) unterzuordnen, und in diesem Fall überwiegt das Interesse der Öffentlichkeit das unternehmerische Interesse am Schutz des guten Rufs (EGMR, Urteil vom 21.07.2011, AZ. 28274/08). Trotz dieses Urteil verbleibt aber noch immer die Unklarheit, wie ein anders gelagerter Fall beurteilt werden würde. Und auch die Altenpflegerin bekam durch das Urteil des EGMR weder ihren Arbeitsplatz zurück (der EGMR kann nur eine Entschädigung zusprechen, nicht aber die Entlassung aufheben), noch ihr durch den Prozess zermürbtes Nervengerüst, und schon gar nicht ihre dabei verlorene Zeit.

Schutz des Beschuldigten

Unternehmensinterne Whistleblowing-Helplines (egal ob die Mitarbeiter in ihren internen Richtlinien verpflichtet werden, von ihnen beobachtete Missstände zu melden, oder ob sie nur dazu eingeladen werden) schaffen ein neues System zur Verhaltenskontrolle der Mitarbeiter: Jeder kontrolliert jeden, und jeder einzelne Mitarbeiter wird zu einem potentiellen Überwacher der anderen. Die Wahrscheinlichkeit, über ein solches Kontrollsystem in Verdacht zu geraten, steigt daher enorm an. Durch die Einmeldung wird gegen den Verdächtigen ein unternehmensinternes Verfahren in Gang gesetzt, in dem in weiterer Folge verifiziert wird, ob die Anschuldigungen gerechtfertigt und welche Maßnahmen gegebenenfalls zu setzen sind. Der Verdächtige ist damit aber einem für ihn schwer durchschaubaren Tribunal ausgesetzt, dessen Zusammensetzung und Verfahren einzig und allein der Entscheidungsgewalt des Arbeitgebers unterliegt. In der Regel erlegt sich dieser zwar durch seine interne Richtlinie im Rahmen einer Selbstbindung auf, sich etwa „fair“ oder „gerecht“ zu verhalten. Konkret ausgestaltet oder gar mit Garantien unterlegt sind diese Begriffe aber relativ selten. Meistens ist nicht einmal klar gestellt, ob der Betroffene zu Beginn des unternehmensinternen Verfahrens einen Status als „Verdächtiger“ oder als „Beschuldigter“ hat.

Im öffentlichen Bereich käme einem Verdächtigen oder Beschuldigten ein umfassender Schutz zu, für den Artikel 6 der Europäischen Menschrechtskonvention (EMRK) Mindeststandards vorschreibt: Artikel 6 Abs 1 garantiert die öffentliche Anhörung und Entscheidung durch ein unabhängiges und unparteiisches Gericht, Abs 2 schreibt die Unschuldsvermutung vor, Abs 3 beschreibt die Mindestrechte des Beschuldigten: Er muss in möglichst kurzer Frist in allen Einzelheiten über die Art und den Grund der gegen ihn erhobenen Beschuldigung in Kenntnis gesetzt werden, er über ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung verfügen, er kann sich selbst verteidigen oder den Beistand eines Verteidigers seiner Wahl erhalten, Fragen an die Belastungszeugen stellen oder stellen lassen, und die Ladung und Vernehmung der Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen wie die der Belastungszeugen erwirken. Weiter ausgestaltet wird der Schutz durch die verschiedenen Verfahrensgesetze und vor allem den Instanzenzug.

Würde nun ein durch einen Whistleblower beschuldigter Arbeitnehmer, welcher ohne alle diese Garantien einem unternehmensinternen Tribunal ausgesetzt ist, die öffentlich rechtlichen Garantien für sich in Anspruch nehmen wollen, so bliebe ihm nur die Möglichkeit der Externalisierung: Diese könnte etwa dadurch erfolgen, dass er gegen den Whistleblower wegen übler Nachrede gemäß § 111 StGB vorgeht und ihn auf diesem Weg dazu zwingt, den Wahrheitsbeweis für seine Anschuldigungen anzutreten. Ein unternehmensinternes Verfahren rund um eine solche Anschuldigung wird in der Regel auch ein Karrierehindernis für den Betroffenen mit sich bringen. Dagegen wäre ein zivilrechtliches Vorgehen (etwa gemäß § 1330 ABGB) denkbar. Alle diese Möglichkeiten stehen natürlich nur dann offen, wenn die Identität des Whistleblowers bekannt ist und er seine Einmeldung nicht anonym vorgenommen hat. Wenn also ein unternehmensinterner Code of Conduct oder eine darüber abgeschlossene Betriebsvereinbarung nicht mit umfassenden Garantien für den Beschuldigten, klaren Verfahrensabläufen und Zuständigkeiten (für deren Besetzung eine entsprechende Qualifikation vorzusehen ist), und etwaigen Externalisierungselementen (es kann etwa ab einem bestimmten Stadium des Verfahrens ein Gericht oder zumindest ein externes Schiedsgericht angerufen werden) ausgestattet ist, riskiert das Unternehmen eine drastische Zunahme von Strafanzeigen und Verfahren wegen übler Nachrede und zivilen Schadenersatzklagen zwischen seinen Mitarbeitern. Ob eine solche Entwicklung dem sozialen Frieden innerhalb des Unternehmens dient oder sonst den Intentionen des Unternehmens entspricht, sei dahin gestellt.

Schutz des Whistleblowers

Auch der Einmelder ist einer Fülle von Gefahren ausgesetzt, welche mit lapidaren Aussagen wie "dem Aufdecker dürfen aus seinem Verhalten keinerlei Nachteile erwachsen" nicht wirksam gemildert werden können. So wie beim externen Whistleblowing droht dem "Verpfeifer" innerhalb seines unmittelbaren Arbeitsumfeldes (also zum Beispiel seiner Abteilung) der Vorwurf des Denunzianten und Nestbeschmutzers, was als unmittelbare soziale Sanktion mit Ausgrenzung geahndet werden kann. Auch wenn es die Möglichkeit gäbe, etwa gegen Mobbing gerichtlich vorzugehen, bliebe noch immer die Widrigkeit der Prozessführung, die Beweislast und das Prozesskostenrisiko auf der Seite des Whistleblowers. Dazu kommt aber, dass der neue Trend des „Whistleblowing“ auf Rechtsordnungen trifft, welche dafür nur unzureichend vorbereitet sind: Whistleblower werden derzeit kaum von bestehenden Gesetzen geschützt, und sie sind darauf angewiesen, sich in etwaigen gerichtlichen Verfahren auf Rechtsgrundsätze wie etwa der Freiheit der Meinungsäußerung zu berufen und auf richterliche Interessensabwägungen zu vertrauen.

Ein Mandatsschutz, wie er etwa für Betriebsräte in der Arbeitsverfassung vorgesehen ist, oder ein Kündigungsschutz auf Grund eines verpönten Kündigungsmotivs (§ 105 ArbVG) kann weder durch interne Unternehmensrichtlinien noch durch Betriebsvereinbarungen abgebildet werden. Ein derartiges Unterfangen würde am zweiseitig zwingenden Charakter des österreichischen Arbeitsverfassungsgesetzes (ArbVG) scheitern. Die derzeitige Fassung des § 105 Abs 3 ArbVG sieht etwa eine taxative Aufzählung der verpönten Kündigungsmotive vor, Abs 5 legt dazu die Beweislast fest: Der Kläger hat das verpönte Kündigungsmotiv lediglich glaubhaft zu machen. Whistleblowing oder Informantenschutz befindet sich jedoch nicht in dieser Aufzählung, somit ist es in weiterer Folge auch nicht hinsichtlich der Beweislast privilegiert. Auch die sonstigen auf den § 105 ArbVG aufsetzenden Regeln (wie etwa die vorläufige Rechtsgestaltungswirkung des erstinstanzlichen Urteils gemäß § 61 ASGG) würden einem gekündigten oder entlassenen Whistleblower nicht zu Gute kommen. Angesichts dieser Situation wird sich also die Motivation, tatsächlich die im Unternehmen vorgesehene Hotline für Einmeldungen zu benützen, stark in Grenzen halten. Die oben beschriebene Aussicht, dadurch vielleicht auch noch einem Strafverfahren wegen übler Nachrede ausgesetzt zu werden, wird diese Motivation noch weiter reduzieren. Einziger Ausweg für den Whistleblower wäre die anonyme Meldung – allerdings mit allen damit verbundenen Nachteilen: Beim anonymen Einmelder kann natürlich nicht rückgefragt werden und er steht auch nicht als Zeuge zur Verfügung. Dem Betriebsklima und dem sozialen Frieden im Unternehmen wird es nicht zuträglich sein, wenn zum Standard wird, dass Mitarbeiter grundsätzlich auf Grund von anonymen Hinweisen verfolgt werden, weil sich das Arbeitsklima bald in eine gespenstische und leistungshemmende Atmosphäre verwandeln würde. Und bei anonymen Hinweisen fällt auch die Hemmschwelle, das Whistleblowing-System für andere Zwecke zu missbrauchen (etwa alte offene Rechnungen mit einem Kollegen zu begleichen oder dem unliebsamen Chef eins auszuwischen).

Die Nachteile für den Whistleblower sind also eindeutig höher als dessen Vorteile, und eine Belohnung hat er in der Regel nicht zu erwarten. Allein diese Abwägung wird es schwierig machen, derartige Systeme zum Leben zu erwecken, indem lediglich auf die Firmenloyalität gepocht wird. In den USA ging man dabei andere Wege: Der False Claims Act (31 U.S.C. §§ 3729–3733, auch "Lincoln Law" genannt) sieht vor, dass Whistleblower prozentuell am wirtschaftlichen Erfolg ihrer Initiative beteiligt werden. Allerdings würde eine derartige Regelung jede Menge ethischer Fragen auslösen: Passen US-amerikanische Kopfgeld- und Prämiensysteme in unsere europäische Kultur? Wie weit würde sich der moralisch korrumpierende Effekt eines solchen Systems auf die Motivation eines potentiellen Whistleblowers auswirken (welcher nach europäischen Verständnis ja ausschließlich aus Loyalität seinem Arbeitgeber gegenüber handeln sollte)? Könnte ein solches System sogar dazu führen, dass Whistleblower nicht mehr an einer raschen internen Abhilfe interessiert sind, sondern vielleicht abwarten, bis der Schaden größer geworden ist, weil sich dadurch ihre Prämie erhöht?

Weltweit ist das Entstehen von Informantenschutzregelungen zu beobachten. In Österreich gibt es etwa die Informantenschutzregelung des § 9b Umweltinformationsgesetz (UIG), welche bei externem Whistleblowing im Umweltschutzbereich die betriebsinterne Bestrafung, Verfolgung oder Belästigung untersagt. Der britische „Public Interest Disclosure Act“ (PIDA) schützt vor ungerechtfertigter Sanktionierung, wenn Informationen von öffentlichem Interesse aufgedeckt werden. Der US-amerikanische „Sarbanes-Oxley-Act“ (SOX) ist ein im Jahr 2002 erlassenes Bundesgesetz, welches die Verlässlichkeit der Berichterstattung von börsennotierten Unternehmen verbessern soll. Durch das Case-Law-System hat sich daraus ein Schutz von hinweisgebenden Arbeitnehmern amerikanischer Unternehmen entwickelt. Auch etwa in Australien, Südafrika, Japan und Frankreich gibt es entsprechende Entwicklungen.

Der Schutz des Whistleblowers hat aber auch eine nicht zu vernachlässigende Kehrseite: Würde man ihn etwa so ausgestalten, dass prinzipiell jede Einmeldung an die Hotline oder den Compliance-Officer automatisch einen Kündigungsschutz auslösen würde, so bräuchte ein prinzipiell bereits kündigungsgefährdeter Mitarbeiter lediglich eine Whistleblowing-Meldung abzusetzen, um sich damit einen Kündigungsschutz zu verschaffen. Besonders delikat wären die Konsequenzen etwaiger betriebsinterner „Kronzeugenregelungen“:  Mitarbeiter, die selbst an Unregelmäßigkeiten beteiligt waren, decken diese nun reumütig auf und nennen auch gleich die Mittäter. Soll dann dem einzelnen Täter Strafmilderung oder gar Straffreiheit zugesichert werden? Eine solche Regelung würde bedeuten, dass der Arbeitgeber im Vorhinein in bestimmten definierten Fällen verbindlich auf sein ihm sonst zustehendes Entlassungsrecht verzichten müsste. Damit würde er aber dem Entlassungsrecht seinen generalpräventiven Charakter nehmen und die Begehung von Unregelmäßigkeiten sogar begünstigen: Man bräuchte sich ja danach nur zu stellen und zu kooperieren, und der Arbeitsplatz bliebe erhalten.

Datenschutzkommission

Whistleblowing-Hotlines bedürfen einer Bewilligung der Datenschutzkommission, da über sie grundsätzlich auch strafrechtlich relevante Daten übermittelt werden. Die österreichische Datenschutzkommission hat in ihrem letzten Bescheid K600.320-005/0003-DVR/2012 eine klare Haltung zu diesem Thema zu Ausdruck gebracht: Die Weitergabe von Daten über eigene Mitarbeiter ist nur im Fall eines überwiegend berechtigten Interesses des Auftraggebers zulässig. An dieses überwiegende Interesse setzt die Datenschutzkommission sehr strenge Maßstäbe an: Die Übermittlung von personenbezogenen Daten von Beschuldigten an die im Ausland befindliche Konzernmutter ist nur hinsichtlich leitender Angestellter zulässig, Verstöße von „einfachen Mitarbeitern“ sind im eigenen Unternehmen zu klären. Die mit der Bearbeitung von Meldungen betraute Stelle ist von den anderen Konzernstellen strikt zu trennen, und es dürfen dort nur Mitarbeiter tätig sein, die besonders geschult und ausdrücklich verantwortlich für die Vertraulichkeit der gemeldeten Daten sind. Anonyme Meldungen dürfen zwar zugelassen, aber nicht gefördert werden. Die Beschuldigten haben grundsätzlich Zugang zu Anschuldigungen. Die Identität des Meldenden wird nur dann offengelegt, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Anschuldigung bewusst falsch erhoben wurde. Die eingemeldeten Daten werden spätestens 2 Monate nach Beendigung der Untersuchung gelöscht. Die Mitarbeiter müssen im Arbeitsvertrag oder sonst durch generelle Weisung zur Meldung an den Arbeitgeber über wahrgenommene Verstöße verpflichtet wurden. Und es muss eine dem Sachverhalt angemessene Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden.

Erschwerend kommt die lange Verfahrensdauer bei der Datenschutzkommission dazu: Unter einem Jahr braucht man keinesfalls damit zu rechnen, die entsprechende Bewilligung zu erlangen (manche sprechen auch von zwei Jahren oder gar länger). Dazu kommen noch die Verhandlungen mit dem Betriebsrat über die zwingend vorgeschriebene Betriebsvereinbarung: Wird der Datenschutzkommission keine solche Betriebsvereinbarung vorgelegt, so ist mit einer Bewilligung nicht zu rechnen.

 © Wilfried Pecka